Vom 25.-27. März kam in Passau die Bundesdelegiertenversammlung der Deutschen Wanderjugend zusammen. "Alles neu macht der März" könnte man sagen, denn es gab nicht nur einen Führungswechsel im Bundesjugendbeirat, sondern dank unseres Antrags löst das Gendersternchen nun den DWJ-üblichen Gender-Gap ab. Mit nur zwei Enthaltungen wurde der Antrag angenommen, was uns sehr freut. In der nächsten WALK & more liest du die Antragsbegründung; hier veröffentlichen wir schon einmal unser Positionspapier:
Positionspapier – Gendern
In unserer Gesellschaft wird es als selbstverständlich betrachtet, sich dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig zu fühlen und sich zu einer Person des anderen Geschlechts hingezogen zu fühlen. Menschen, die diesem gesellschaftlichen Bild nicht entsprechen, müssen ihre geschlechtliche Identität und ihre sexuelle und romantische Orientierung ständig erklären. Dieser Herausforderung stehen Jugendliche und junge Erwachsene im Besonderen gegenüber, da sich die Bewusstwerdung der geschlechtlichen Identität und der sexuellen Orientierung in diesem Alter manifestiert.
Die Deutsche Wanderjugend Landesverband Hessen (DWJ LV Hessen) setzt sich zum Ziel, junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern (§ 3 Abs. 2 Satzung). Hierzu gehören auch die geschlechtliche Identität sowie die sexuelle und romantische Orientierung. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sollen sich angenommen wissen, sich wohl und sicher fühlen. Der Abbau von Diskriminierung, die Steigerung der Wertschätzung und letztendlich der völlig selbstverständliche Umgang mit queeren Lebensweisen sollten Ziele der Arbeit der DWJ LV Hessen sein. Queer wird als Sammelbegriff für nicht heteronormative Lebensweisen verwendet: Queer erweitert das binäre Konzept „Geschlecht“ zu einem breiten Spektrum. Es gibt nicht entweder Mann oder Frau. Es gibt auch dazwischen und sowohl als auch. Queer ist zudem die Vielfalt der Sexualität. Es existiert mehr als Heterosexualität und auch mehr als Homosexualität. Zudem können Menschen den Begriff Queer als Selbstbeschreibung nutzen.
Sprache bestimmt unseren Alltag und beeinflusst unser Denken. Worte rufen Bilder in unseren Köpfen hervor. Dies ist auch der Fall bei Worten, die Personen und Geschlechter beschreiben. Ein erster Schritt in Richtung einer queersensiblen Arbeit stellt hierbei das gendersensible Verfassen von Texten dar.
Der Landesvorstand der DWJ LV Hessen und die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle haben sich mit verschiedenen Möglichkeiten des Genderns auseinandergesetzt und im Anschluss auf eine Mischform aus der neutralen Schreibweise und des Gendersternchens (auch: Asterisk) geeinigt. Die neutrale Schreibweise (bspw. die Teilnehmenden, die Mitarbeitenden, die Teamenden) soll vorwiegend verwendet werden. Ist die Anwendung der neutralen Schreibweise bei einem Wort nicht möglich, hindert den Lesefluss oder würde die genannten Personen objektivieren, so ist das Gendersternchen anzuwenden (bspw. die Bildungsreferent*innen, die Jugendwart*innen).
Die Entscheidung für die neutrale Schreibweise basiert auf folgenden Gründen: dem Einbezug aller Geschlechter, der unkomplizierten grammatikalischen Anwendung und der Barrierefreiheit bezüglich Sprachausgabeprogrammen.
Das Gendersternchen wurde beschlossen, da es im Gegensatz zu anderen Gendermöglichkeiten große Akzeptanz in der Gesellschaft erfährt und der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. sowie die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik das Gendersternchen beispielsweise aufgrund der einfachen Erkennbarkeit empfehlen. Symbolisch stehen die Strahlen des Sterns für die verschiedenen Geschlechtsidentitäten. In der Informatik wird der Stern als Platzhalter verwendet, das Gendersternchen wird als Platzhalter für die verschiedenen Geschlechtsidentitäten betrachtet.
Ziel der DWJ LV Hessen ist es, im Bundesverband der Deutschen Wanderjugend eine Diskussion der Genderweise zu bewirken und einen Antrag auf einheitliche Nutzung der oben beschriebenen Gender-Mischform zu stellen. Zudem wird sich die DWJ LV Hessen mit anderen (hessischen) Jugendverbänden hinsichtlich des Themas „Queer“ vernetzen und auch hier eine einheitliche Genderweise im Hessischen Jugendring anzustreben.
Das Gendern reicht nicht aus, um als queersensibler Verband aufzutreten. In weiteren Schritten soll eine Reflektion in der DWJ LV Hessen angestoßen werden, in der individuelle Vorurteile gegenüber queeren Lebensweisen bearbeitet sowie diskriminierende Mechanismen im Verband erkannt, benannt und bearbeitet werden sollen. Die Thematisierung queerer Lebensweisen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist von großer Wichtigkeit, da sich in diesem Alter entscheidet, ob Vorurteile der Gesellschaft übernommen werden.